Es begab sich einmal vor langer Zeit, also in den ersten Jahren des 16. Jahrhunderts, dass sich ein Clanchief der MacLeods ganz übel in Bedrängnis brachte. Er meinte nämlich ein besserer Gastgeber zu sein als King James IV. Letzterer war übrigens derjenige, der im Jahre 1494 dem Benediktinermönch John Cor den Auftrag erteilt hatte, etwa 10 Zentner Gerstenmalz in ein Destillat zu verwandeln.
Aber von Anfang an. Skye, den meisten Whiskyliebhabern durch die Distillery Talisker bekannt, ist eine große Insel im Nordwesten Schottlands mit traumhafter Landschaft, aber leider auch zwei negativen Eigenschaften. Der Londoner, der kein Cottage auf Skye vorweisen kann, gehört nicht wirklich zur High Society und die selbstladende Fracht, welche die Kreuzfahrtschiffe regelmäßig an Land entlassen, fördert nun auch nicht die Idylle. Die Isle of Skye, damals wie auch heute noch Heimat der MacLeods, weist zwei besonders markante Punkte in ihrer Silhouette auf: den Healabhal Mhor und den Healabhal Bheag. Zwei Tafelberge, die als MacLeod’s Tables etwas bekannter sind. Mit einem Höhenunterschied von nur 17 Metern, ist der Healabhal Mhor der kleinere von beiden mit 471 Metern. Er aber spielt die Hauptrolle in unserer Geschichte.
Etwa um 1510 herum lud King James IV. den Clanchief der MacLeod’s, Alasdair Crotach, in seinen frisch erweiterten Holyrood Palace in Edinburgh ein. Es wurde, wie damals üblich, gar trefflich getafelt und gebechert, wobei es der König nicht unterlassen konnte, immer wieder auf den neuen Saal mit seinem hohen Gewölbe, die Größe der aufgestellten Tafel sowie die vielen Kandelaber mit den zahllosen Kerzen hinzuweisen. „So etwas gibt es nur hier“, waren seine Worte. Da Alasdair nun nicht gerade für seine Geduld und Nachsicht bekannt war, konnte er nicht umhin respektvoll anzumerken, dass er zuhause eine wesentlich größere Tafel mit einem viel höheren Gewölbe zu bieten habe. Dies liess der verdutzte König nicht auf sich sitzen. Er lud sich sozusagen selber an Alasdair’s Tafel ein und versprach alsbald zu kommen, da er diese unglaubliche Geschichte gerne persönlich überprüfen wollte. Nun war Alasdair in Bedrängnis. Was tun? Er hatte wieder einmal den Mund zu weit aufgerissen. Am letzten Tag der langen Heimreise kam seine Insel endlich in Sicht, und mit ihr die beiden Berge im Nordwesten. Und da war sie, die Idee!
Als King James IV. einige Wochen später auf Skye eintraf, führte ihn Alasdair auf die flache Kuppe des Healabhal Mhor, wo er Tische, Bänke und jede Menge Speisen und Getränke hatte hochbringen lassen (heute eine Herausforderung für jedes Cateringunternehmen). Die Szene wurde festlich eingerahmt durch dutzende von Highlandern, die alle mit Fackeln bewehrt den Rand des Plateaus begrenzten. Nun war die große Stunde des Clanchiefs gekommen. „Ist meine Tafel nicht größer als Eure?“ und „Leuchten meine Lichter nicht heller als Eure?“ waren seine Fragen an den schottischen Herrscher. Dieser konnte nicht umhin, das Arrangement zu bewundern und Alasdair Recht zu geben. Allerdings wähnte er sich im Vorteil, als er fragte: „Aber wo ist Euer Gewölbe?“. Aber auch darauf hatte der gewitzte Chieftain eine Antwort und wies mit ausgestrecktem Arm nach oben in den sternenklaren Himmel. „Gott selber hat es geschaffen“.
Und aus diesem Grund heißen die beiden unaussprechlichen Berge der Einfachheit halber MacLeod’s Tables.